André Georgi
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Ängste werden mehr und mehr als Folge von kommunikativen Schwächen erkannt: Immer mehr Menschen meiden den Umgang mit ihresgleichen. Marktbeobachter haben beispielsweise festgestellt, dass seit einigen Jahren von mehreren zur Verfügung stehenden Kommunikationstechniken immer häufiger jene ausgewählt werden, die mit möglichst wenig zwischenmenschlichen Kontakten verknüpft sind. So ersetzt beispielsweise die kurze Nachricht auf dem Anrufbeantworter die persönliche Unterhaltung am Telefon.
Natürlich möchten Menschen die besonders ängstlich und schüchtern sind, diese Schwäche gerne vor ihren Mitmenschen verbergen. Doch Zittern, fleckige Hautrötungen im Gesicht, Angstschweiß und Herzklopfen sind verräterische Zeichen, die selbst bei guten Bekannten Spott provozieren. So kann sich rasch ein Teufelskreis ausbilden, die Ängste werden verstärkt.
Sind diese deutlichen Zeichen einer Angstkrankheit stark ausgeprägt - und ziehen sie negative Folgen im sozialen Miteinander nach sich - so sprechen die Ärzte mittlerweile von einer "Sozialen Phobie". Dieses Krankheitsbild ist zunehmend von gesellschaftlicher Bedeutung, da immer mehr Menschen darunter leiden. Nach neuesten Studien liegt die Lebenszeit-Häufigkeit dieser Form der Angsterkrankung in der Gesamtbevölkerung bei etwa 10 %. Als akut behandlungsbedürftig gelten etwa 1 bis 3 % der Bevölkerung. Die Analyse der bekannten Fakten zeigt, dass die soziale Phobie beide Geschlechter, alle sozialen Schichten sowie Menschen unterschiedlichster Bildungsgrade gleichermaßen befällt.
Typisch sind die unbegründeten, sich zwanghaft aufdrängenden Ängste. Diese führen dazu, dass die Betroffenen möglichst all jene Situationen meiden, die sie der Aufmerksamkeit anderer Menschen aussetzen oder durch die sie in Verlegenheit gebracht werden könnten.
Beinahe zwangsläufig entwickelt sich hieraus eine soziale Isolation. Die Kranken meiden soziale Kontakte und sind in beruflichen aber auch allgemeinen Alltagssituationen beeinträchtigt. Ohne eine ärztliche Behandlung verursachen die Beschwerden eine regelrechte Abwärtsspirale aus unangemessener Angst, panischer Situationsvermeidung, schwindendem Selbstvertrauen, Depressionen, sozialer Isolation, beruflichen oder privaten Problemen und Misserfolgen. Alkoholismus oder Medikamentenmissbrauch stehen nicht selten am Ende eines Leidensweges, der gelegentlich durch einen Selbstmord endet.
Die Mehrzahl dieser Menschen ist sich durchaus ihrer Ängste bewusst ist. Es hat sich aber noch nicht bei den Betroffenen herumgesprochen, dass es sich um eine mittlerweile therapierbare Krankheit handelt. Unter den Behandlungsmethoden existieren neben der medikamentösen Therapie - beispielsweise mit einem sog. reversiblen, selektiven Hemmer der körpereigenen Monoaminooxydase A - eine Vielzahl an psychotherapeutischen Verfahren. Von letzteren haben sich bisher allerdings lediglich die verhaltenstherapeutischen Maßnahmen als wirksam erwiesen. Diese Verfahren zeichnen sich durch einen vergleichsweise geringen Zeitaufwand, die überprüfbare Wirksamkeit und die Ausrichtung auf überschaubare und konkrete Behandlungsziele aus. So können beispielsweise Rollenspiele helfen, die Soziale Phobie selbst nach jahrelangem chronischen Verlauf doch noch zu bewältigen.
Besonders die gezielte Konfrontation mit bestimmten angstbesetzten Situationen soll helfen, die übertriebenen Angstreaktionen abzubauen. Wird die Verhaltenstherapie mit bestimmten Medikamenten kombiniert, so können etwa 80 % der Patienten dauerhaft von ihren Problemen befreit werden. Wegen der Gefahr eines Medikamentenmissbrauchs wird der Einsatz von bestimmten Medikamenten - sog. Tranquilizern - mit äußerster Zurückhaltung und nur für die Kurzzeitbehandlung empfohlen. Angesichts der Effektivität verhaltenstherapeutischer Maßnahmen und bestimmter auf das Gehirn einwirkender Wirkstoffe wird deshalb für besonders schwierige Fälle die Kombination von Verhaltens- und Arzneimitteltherapie empfohlen.
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